AUFGABE 7 :: Hypertext
Zusammenfassung und Textkritik
Martin Gasteiner, Jakob Kameritsch,
Schreiben für das WWW: Bloggen und Hypertexten, in: Wolfgang Schmale (Hg), Schreib-Guide Geschichte, 2. Aufl., Wien 2006, S. 243-271
Gewisse Prinzipien des Hypertextes (etwa die Möglichkeit einer nicht-linearen Rezeption, einer flexiblen Anordnung, die Existenz von Querverbindungen zwischen nicht-hierarchisch angeordneten Subeinheiten) strukturieren – in verschiedenen Abstufungsgraden – eine beträchtliche Anzahl von Medien, die bereits lange vor der Entwicklung des Computers Teil des wissenschaftlichen Arbeitens waren. Lektürekarten, Zettelkästen, Lexika, Zeitschriften – sie alle ermöglichen einen individuellen, selektiven Leseweg. Selbst die klassische Monographie eröffnet ein Zugangsfeld quer zur eigentlichen Intention der AutorIn – in jedem Buch kann hin- und hergeblättert, kein Buch muss per definitionem von Anfang bis zum Ende durchgelesen werden.
Die von der Sprachwissenschaftlerin Angelika Storrer vorgeschlagene Gegenüberstellung von medialer und konzeptioneller Linearität verschiebt den Untersuchungsschwerpunkt von der Rezeption zur Produktion und erfasst damit das grundlegende Strukturierungselement des Hypertexts: Während viele andere Textformen eine multilineare Herangehensweise lediglich erlauben, erfordert der Bauplan des Hypertextnetzwerk das stetige Springen zwischen seinen Modulen.
Storrer unterscheidet
AutorInnenschaft: Um ein stringentes Hypertextwerk zu schaffen, sollten auf der Produktionsseite gewisse Grundregeln eingehalten werden, ohne die die notwendige Balance zwischen Fragmentierung und Kontextualisierung ins Schwanken gerät:
Hypertextcreator: Systeme, die auf einer gemeinschaftlichen Textproduktion aufbauen (etwa Wikis) werden zunehmend in Schulen und Universitäten eingesetzt, um Teamwork- und Kommunikationsfähigkeiten auszubilden. Das online zugängliche Content Management System Hypertextcreator bietet ein themenneutrales Interface an, mit dem sich ohne spezielle Programmierkenntnisse (kollektive) Hypertextnetzwerke kreieren lassen. Es entbindet die Beteiligten durch die elektronische Generierung typisierter Links, die zwei auf dasselbe Attribut verweisende Texte automatisch zusammenführen, vom mühsamen, händischen Setzen der Verbindungen und bietet damit einen einfachen Einstieg an, um ein u.U. in einer Lehrveranstaltung bearbeitetes Thema in einer gemeinsamen Anstrengung sichtbar zu machen. Es liegt in der Natur des Hypertextes, dass nicht nur die RezipientInnen, sondern auch die AutorInnen zu unerwarteten Perspektiven auf das Ausgangsmaterial finden und das Ganze als qualitativ mehr als nur die Summe seiner Teile erfahren wird. Dementsprechend erscheint die Arbeit mit Hypertext in didaktischen Zusammenhängen als Lektion über die Sinnhaftigkeit eines kollektiven Arbeitsprozesses, der es nötig macht, für alle tragbare Definitionen zu finden, Unterschiede aber auch Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten und seine eigene Sichtweise permanent mit der Anderer abzugleichen, zu verteidigen oder abzuändern.
Thumbnails zweier im Zuge von
Lehrveranstaltungen an der
Universität Wien entstandenen
Hypertext-Projekte
Fazit: Guter Einführungstext, nach dessen Lektüre wohl niemandem die grundlegenden Spezifika des Hypertextes:
Viel klarer als der Reflexions-Bereich von pastperfect.at weist der Beitrag – und das ist wohl sein größter Vorteil – darauf hin, dass natürlich auch jeder Hypertext von den spezifischen Intentionen der AutorInnen geprägt ist (v.a. durch die Verteilung der Attribute), seine vorgebliche rezeptive Freiheit also nur eine bedingte ist. Auch die inhaltliche Verschiebung in Richtung Produktion erscheint mir sinnvoll – besonders unter dem Gesichtspunkt eines Werkzeugs, mit dem sich gemeinsames Produzieren austesten lässt. Denn obwohl ein Hypertextnetzwerk der letzte Ort wäre, an dem ich mich begeben würde, um mir wirklich substantielles Wissen über eine Thematik anzueignen (fehlende Literaturhinweise, erschwerte Einordnung in einen Forschungszusammenhang ...) ist seine Instrumentalisierung als Spielwiese des kooperativen Arbeitens als durchwegs positiv anzusehen.
Neben all der – verdienten – Anerkennung des fortschrittlichen Potentials des Hypertexts fehlt jedoch eine kritischere Auseinandersetzung mit der Materie. Das egalitäre Traumland aus flachen bzw. nicht-existenten Hierarchien, die anti-narrative Grundtendenz, das Spiel mit Verbindungen und Assoziationen (die der Struktur unseres Denkens offensichtlich ähnlicher sind, als jede starre Linearität) hat auch negative Aspekte – die im Text weit unterrepräsentiert sind.
weitere Informationen zum Hyptertextcreator unter:
hypertextcreator@univie.ac.at
bzw. der e-learning-Seite der Historisch- Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien Hist-e-Kult
Martin Gasteiner, Jakob Kameritsch,
Schreiben für das WWW: Bloggen und Hypertexten, in: Wolfgang Schmale (Hg), Schreib-Guide Geschichte, 2. Aufl., Wien 2006, S. 243-271
Gewisse Prinzipien des Hypertextes (etwa die Möglichkeit einer nicht-linearen Rezeption, einer flexiblen Anordnung, die Existenz von Querverbindungen zwischen nicht-hierarchisch angeordneten Subeinheiten) strukturieren – in verschiedenen Abstufungsgraden – eine beträchtliche Anzahl von Medien, die bereits lange vor der Entwicklung des Computers Teil des wissenschaftlichen Arbeitens waren. Lektürekarten, Zettelkästen, Lexika, Zeitschriften – sie alle ermöglichen einen individuellen, selektiven Leseweg. Selbst die klassische Monographie eröffnet ein Zugangsfeld quer zur eigentlichen Intention der AutorIn – in jedem Buch kann hin- und hergeblättert, kein Buch muss per definitionem von Anfang bis zum Ende durchgelesen werden.
Die von der Sprachwissenschaftlerin Angelika Storrer vorgeschlagene Gegenüberstellung von medialer und konzeptioneller Linearität verschiebt den Untersuchungsschwerpunkt von der Rezeption zur Produktion und erfasst damit das grundlegende Strukturierungselement des Hypertexts: Während viele andere Textformen eine multilineare Herangehensweise lediglich erlauben, erfordert der Bauplan des Hypertextnetzwerk das stetige Springen zwischen seinen Modulen.
Storrer unterscheidet
- monosequenzierte Texte, die einen einzigen Leseweg vorschreiben, der ohne Verlust von Bedeutung nicht verlassen werden kann. (z.B. Romane)
- mehrfachsequenzierte Texte, deren Elemente je nach spezifischen Vorlieben unabhängig voneinander zugänglich sind (Reiseführer, wissenschaftliche Handbücher ...) und
- unsequenzierte Texte, die der LeserIn nicht nur die Wahl des Einstiegspunkts und der Abfolge der Texteinheiten überlassen, sondern ihre Texteinheiten auch miteinander verknüpfen.
AutorInnenschaft: Um ein stringentes Hypertextwerk zu schaffen, sollten auf der Produktionsseite gewisse Grundregeln eingehalten werden, ohne die die notwendige Balance zwischen Fragmentierung und Kontextualisierung ins Schwanken gerät:
- Das zu vermittelnde Gebiet wird in Module (informationelle Einheiten) aufgeteilt, die in sich kohäsiv geschlossene Bausteine darstellen müssen – ansonsten ist weder eine freie Wahl des Beginns der Auseinandersetzung, noch des weiterführenden Pfades gewährleistet.
- Jedes Modul muss darüber hinaus kontextoffen sein – d.h. möglichst viele Aspekte beinhalten, die auf weitere Einheiten verweisen. Seine relative Kürze erfordert einen prägnanten, verständlichen Stil, der Offenheit und nicht Abgeschlossenheit suggeriert.
Hypertextcreator: Systeme, die auf einer gemeinschaftlichen Textproduktion aufbauen (etwa Wikis) werden zunehmend in Schulen und Universitäten eingesetzt, um Teamwork- und Kommunikationsfähigkeiten auszubilden. Das online zugängliche Content Management System Hypertextcreator bietet ein themenneutrales Interface an, mit dem sich ohne spezielle Programmierkenntnisse (kollektive) Hypertextnetzwerke kreieren lassen. Es entbindet die Beteiligten durch die elektronische Generierung typisierter Links, die zwei auf dasselbe Attribut verweisende Texte automatisch zusammenführen, vom mühsamen, händischen Setzen der Verbindungen und bietet damit einen einfachen Einstieg an, um ein u.U. in einer Lehrveranstaltung bearbeitetes Thema in einer gemeinsamen Anstrengung sichtbar zu machen. Es liegt in der Natur des Hypertextes, dass nicht nur die RezipientInnen, sondern auch die AutorInnen zu unerwarteten Perspektiven auf das Ausgangsmaterial finden und das Ganze als qualitativ mehr als nur die Summe seiner Teile erfahren wird. Dementsprechend erscheint die Arbeit mit Hypertext in didaktischen Zusammenhängen als Lektion über die Sinnhaftigkeit eines kollektiven Arbeitsprozesses, der es nötig macht, für alle tragbare Definitionen zu finden, Unterschiede aber auch Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten und seine eigene Sichtweise permanent mit der Anderer abzugleichen, zu verteidigen oder abzuändern.
Thumbnails zweier im Zuge von
Lehrveranstaltungen an der
Universität Wien entstandenen
Hypertext-Projekte
Fazit: Guter Einführungstext, nach dessen Lektüre wohl niemandem die grundlegenden Spezifika des Hypertextes:
- Unabgeschlossenheit, Ausbaufähigkeit
- freie Wahl der Navigation zwischen abgeschlossenen Subeinheiten anhand auswählbarer Pfade
- diese offene, assoziative Navigation erst ermöglichende Verweise zwischen den einzelnen Modulen
Viel klarer als der Reflexions-Bereich von pastperfect.at weist der Beitrag – und das ist wohl sein größter Vorteil – darauf hin, dass natürlich auch jeder Hypertext von den spezifischen Intentionen der AutorInnen geprägt ist (v.a. durch die Verteilung der Attribute), seine vorgebliche rezeptive Freiheit also nur eine bedingte ist. Auch die inhaltliche Verschiebung in Richtung Produktion erscheint mir sinnvoll – besonders unter dem Gesichtspunkt eines Werkzeugs, mit dem sich gemeinsames Produzieren austesten lässt. Denn obwohl ein Hypertextnetzwerk der letzte Ort wäre, an dem ich mich begeben würde, um mir wirklich substantielles Wissen über eine Thematik anzueignen (fehlende Literaturhinweise, erschwerte Einordnung in einen Forschungszusammenhang ...) ist seine Instrumentalisierung als Spielwiese des kooperativen Arbeitens als durchwegs positiv anzusehen.
Neben all der – verdienten – Anerkennung des fortschrittlichen Potentials des Hypertexts fehlt jedoch eine kritischere Auseinandersetzung mit der Materie. Das egalitäre Traumland aus flachen bzw. nicht-existenten Hierarchien, die anti-narrative Grundtendenz, das Spiel mit Verbindungen und Assoziationen (die der Struktur unseres Denkens offensichtlich ähnlicher sind, als jede starre Linearität) hat auch negative Aspekte – die im Text weit unterrepräsentiert sind.
weitere Informationen zum Hyptertextcreator unter:
hypertextcreator@univie.ac.at
bzw. der e-learning-Seite der Historisch- Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien Hist-e-Kult
tanja jenni - 5. Dez, 17:07 m4 aufgaben