m4 aufgaben

Donnerstag, 25. Januar 2007

aufgabe 9 :: Geschichte online

hp_geschichteonline
Aufbau von Geschichte online

Geschichte online – von den historischen Instituten der Universität Wien zusammen mit sechs deutschsprachigen KooperationspartnerInnen 2002-04 entwickelt – versucht Studierenden der Geschichte eine grundlegende Einführung ins wissenschaftliche Arbeiten, in die Literatur- und Informationsrecherche, und zukünftigen Lehrenden in die Geschichtsvermittlung zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus beschäftigt sich eines der vier (Lern)module mit der Einsetzbarkeit des datenbankbasierten Hypertextcreator in Lehrveranstaltungen und Webprojekten. Jedes Modul ist in kurze Unterpunkte aufgegliedert, die ersten drei beinhalten Übungen, Literatur- und Linkkataloge, sowie die Möglichkeit, die Lehreinheit als PDF herunterzuladen.

Das Modul 1- Wissenschaftliches Arbeiten definiert zuallererst sein Gebiet (was und was nicht darf als wissenschaftlich angesehen werden; wie zeichnen sich wissenschaftliche Textformen aus?) um dann zur Themenfindung, der notwendigen Begriffsdefinition und Hypothesenbildung überzugehen. Die BesucherInnen werden in die Kriterien für Rezensionen, Abstracts und Annotationen (also ins Schreiben über wissenschaftliche Texte) eingeführt, sowie in die Techniken des Lesens und Dokumentierens (richtiges Exzerpieren, verfassen von Randglossen, Lesekarten, etc...). Auch dem Klassiker aller Einführungen – den Zitierregeln – ist ein relativ umfangreicher Abschnitt vorbehalten. Nach einer kurzen Vorstellung der Anforderungsprofile an die verschiedenen Formen universitärer schriftlicher Arbeiten widmet sich die Seite der richtigen Vorbereitung und Ausführung einer mündlichen Präsentation (Aufbau des Referats, Hilfestellungen für einen reibungslosen Ablauf) und endet etwas unvermutet in den ersten Schritten zum Kurret-Lesen, die sich vielleicht nicht unbedingt harmonisch ins Modul einpassen – nichts desto trotz aber eine wichtige Arbeitstechnik der HistoriklerInnen darstellen.

Das Modul 2 – Literatur- und Informationsrecherche stellt den Suchprozess nach Primärquellen und Sekundärliteratur vor. Die erste Untereinheit beleuchtet verschiedene Möglichkeiten, Literatur zu einem bestimmten Thema zu finden (Bibliotheksbenützung, Datenbanken zur Erfassung von Zeitschriftenartikeln, Spezialdatenbanken, Internetrecherche), die zweite Untereinheit beschäftigt sich – etwas theoretischer – mit Fragen der Quellenkritik, leistet eine kurze Einführung in das Arbeiten mit Quellen, die Suche nach Ausstellungsprojekten und weist auf die Möglichkeit der Nutzung wissenschaftlicher Netzwerke hin.

Das Modul 3 – Geschichtsdidaktik richtet sich an zukünftige LehrerInnen. Der umfangreiche theoretische Teil verhandelt die institutionellen Grundlagen der Lehre (Schulrecht, Lehrpläne, Ziele der Bildungspolitik), verortet den Geschichtsunterricht in seinem gesellschaftlichen Rahmen, gibt eine Einführung in die Geschichte des Bildungswesens und setzt sich mit den verschiedenen (aktuellen) Theorien der Fachdidaktik auseinander. Danach folgt eine praxisorientierte Einheit zur Unterrichtsgestaltung (Hilfestellungen zur Methodenwahl, Zeiteinteilung, Planung ...) sowie ein noch konkreterer Abschnitt zum Umgang mit filmischen Quellen. (Unter welchen Kriterien ist ein Film zu betrachten? Welche kritischen Fragestellungen sind möglich?). Schließlich werden noch nationale wie internationale Netzwerke zur Geschichtsdidaktik vorgestellt, die Ausbildungsstrukturen anderer europäischer Länder beleuchtet und eine Reihe von AnsprechpartnerInnen vorgestellt.
Meiner Meinung nach stellt das Modul 3 den weitaus spannendsten Bereich von Geschichte online dar. Auch für Studierende, die sich per se nicht mit Fragen der Didaktik auseinandersetzen müssen, ist es ein gut gelungenes Beispiel der Verbindung von Theorie und Praxis, der Rückbindung von methodologischen Ansätzen an den jeweiligen gesellschaftlichen Bezugsrahmen. Es regt zur Reflexion der eigenen Rolle als Lehrende innerhalb eines Beziehungsgeflechts verschiedenster Interessen an – was gibt es besseres?

Das (am wenigsten umfangreiche) Modul 4 – Hypertextcreator – behandelt prägnant die (in dieser LV mittlerweile bekannten) Vorteile dieser Art der medialen Aufbereitung und beschränkt sich ansonsten auf die Vorstellung bereits verwirklichter Prototypen (und jener, die an deren Verwirklichung beteiligt waren).

Einheit Zitat, Zitierregeln, Anmerkungen:
Als weitere perfide Rache des Schicksals an meinem fast schon seniorInnenstudentischen Dasein - das Protokoll meiner mindestens achten Heranführung an die Zitierregeln: Dass das Wort ‚ZitierREGELN’ ein Euphemismus ist, erkennen die meisten Studierenden im ersten Semester, wenn sie mit den mannigfaltigen Möglichkeiten diverser Zitiersysteme konfrontiert werden. Dieser Erkenntnis wird auch durch das Untermodul im Abschnitt ‚wissenschaftliches Arbeiten’ Vorschub geleistet, indem es eine Reihe von Zitiervarianten vorstellt (dankenswerter weise auch das standardisiertere anglo-amerikanische System), die Übungen dann gezwungenermaßen aber den Regeln der Österreichischen Zeitschrift für Geschichtswissenschaft anpasst. Letztendlich geht es jedoch um die Kohärenz der Anwendung, die Nachprüfbarkeit und korrekte Ausführung – Punkte, auf die auch im Modul wiederholt hingewiesen wird. Zusammen mit den allgegenwärtigen Warnungen, Zitate nicht an Stelle eigener Argumentationen zu verwenden und den Hinweisen, wie Anmerkungen am sinnvollsten einzusetzen sind, liefert Geschichte online eine gute, wenn auch etwas zeitintensive und teilweise (vor allem in den drag- and drop-basierten Übungen) zähe Einführung ins korrekte Zitieren.
Die externe Einheit zu Fragen des Plagiats scheint eher ein Hilfsmittel für Lehrende denn für Studierende zu sein und fokussiert vielleicht ein wenig zu sehr auf den detektivischen Akt des Auffindens und zu wenig auf den übergeordneten Aspekt der Ursachenforschung.
Prinzipiell eignen sich gerade starre und mechanistische Fertigkeiten wie die Zitation besonders gut für interaktive Übungseinheiten – hier ist das Verhältnis von Aufwand und Nutzen ausgeglichener, als etwa bei der eher mehrwertlosen Übung zur Thesenfindung. Gewisse Aspekte sind meiner Ansicht nach nicht adäquat allein durch eine Interaktion mit computergestützten Lernsystemen vermittelbar – aber das hat wohl auch niemand behauptet.

aufgabe 8 :: geschichte im netz

Textzusammenfassung und -kritik
Wolfgang Schmale, Geschichte im Netz – Praxis, Chancen, Visionen

Ausgehend von der Praxis geschichtswissenschaftlicher Forschung im Netz setzt sich der Text in weiterer Folge mit deren Chancen und Visionen auseinander. Gegen die hypothetische Negativfolie Verluste und Untergang gesetzt, dominiert der positive Zugang, das Aufdecken von Möglichkeiten, die vom Medium mitindizierte begrüßenswerte Veränderung der Herangehensweise an Historie.

Praxis: Im Moment scheinen noch ein Großteil der im Internet zugänglichen, im weitesten Sinne historischen Seiten Produkte interessierter Laien zu sein – keinesfalls sind diese generell als minderwertig zu belächeln – dennoch ist eine kritische Herangehensweise von Nöten – nicht nur in Bezug auf offen rechtsextreme Seiten, sondern auch auf eine Reihe anderer Ressourcen, die zwar scheinbar objektive Primärquellen zur Verfügung stellen, diese jedoch keiner akkuraten Quellenkritik, Einordnung und Hinterfragung unterziehen. (Computerspiele, ‚Internetauftritte’ zu offiziellen Feier/Gedenktagen …)
Ebenfalls zur Praxis zählt der Prozess der Systemmodifikation – ein Prozess der in beide Richtungen (die Geschichte im Netzt modifiziert die Geschichte als institutionalisierte, auf dem gedruckten Wort basierende Wissenschaft und vice versa) abläuft. Diese Remediation nimmt bestimmte Formen an:
  • proto-hypertextuelle Techniken werden von Büchern übernommen, die damit vom bekannten linearen Textformat abrücken.
  • andererseits wirkt die klassische Geschichtserzählung auf viele Internetauftritte, die meist nicht mehr als die Publikation diverser Texte darstellen.
  • Das vom Medium verlangte kürzere, modulierte, an den Enden offene, auf verschiedenste Weisen verknüpfbare Schreibformat wird zu einem Ideal, dem auch manch ‚klassische’ Texte zu folgen versuchen.
  • Die vom Netz forcierte Schnelllebigkeit der wissenschaftlichen Veröffentlichungen führt zu einem neuen Blick auf Wissensproduktion. Ergebnisse werden mehr und mehr als jederzeit wieder veränderbarer Diskussionsstand begriffen – Prozesse werden offener, das Ziel der großen Meistererzählung immer weniger erstrebenswert. Für KritikerInnen die Ursache immer unausgereifterer Argumente, die einer Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden, ist das Netz für BefürworterInnen Mittel, um zu einem demokratischerem Umgang mit Geschichts(darstellung) zu finden.
Prinzipiell lässt sich dennoch die Tendenz beobachten die selben Inhalte in beiden Medien zu veröffentlichen, da sie zwar aufeinander angewiesen sind, gleichzeitig aber ganz spezifische, nur ihnen eigene Qualitäten aufweisen.

Chancen beziehen sich auf die Wandlungen, die das institutionalisierte Wissenschaftssystem durch das Aufkommen des Internets durchläuft.
  • Die Beschleunigung der Kommunikation und Rezeption führt in vielen Fällen zu der bereits erwähnten unwissenschaftlichen Datenaufbereitung, die für viele HistorikerInnen einen mehr als vorsichtigen Zugang zum neuen Medium nach sich gezogen hat. Noch ist Veröffentlichen im Internet zu keiner vollends respektablen Handlung geworden, noch passieren die wichtigsten Forschungsanstöße nicht im Netz.
  • Historische Seiten haben zumindest potentiell die Möglichkeit, Wissen an einen größeren Teil der Bevölkerung zu vermitteln, als die traditionelle (universitäre) Forschung. Auch wenn sich die RezipientInnengruppen im Moment nicht unterscheiden, besteht die Chance, von breiteren Schichten wahrgenommen zu werden und größeren gesellschaftlichen Einfluss auszuüben. Gleichzeitig resultiert daraus die Anpassung der Forschungsthemen an Fragen der Relevanz und Verwertbarkeit.
  • Die vom Netz geförderte Multimedialität (als nicht zwingend notwendiges, aber mehr als kompatibles feature) entspricht den Entwicklungstendenzen der Geschichtswissenschaft der letzten 25 Jahre (cultural studies, Film- und Bildwissenschaft etc.). Insofern ist das neue Medium hier also nicht Ursache der Veränderung – es erweitert aber sehr wohl den Blick auf multimediale Quellen und fördert die Entwicklung in Richtung einer interdisziplinären Kulturwissenschaft.
  • Auch das E-Learning (mit den Effekten: Förderung der Kommunikation, Eigenverantwortung, schnelles Aufeinander-Reagieren, Freude an der Wissenschaftsproduktion, breiterer Zugang) bildet sich erst langsam heraus und firmiert damit unter Chancen.
  • Die modulare, damit team-kompatible Struktur des Internets bzw. der internetspezifischen Texte führt zu einer Forschungslandschaft, in der die ‚großen EinzelwissenschafterInnen’ an Bedeutung verlieren – dies resultiert in einem Demokratisierungsprozess, in dessen Verlauf dynamischer und korporativer gearbeitet wird. (Stichwort Content Management Systeme).
Visionen: Trotz seines Charakters als fundamentale Medienrevolution entwickelt sich das Netz als kulturelles Phänomen verhältnismäßig langsam. Wird Kultur als Code begriffen, stellt es einen Subcode dar, „der bestimmte Transformationen codiert“. Seine Attribute Hybridität, Fluität und Hypertextualität entsprechen den Gesellschaftsformen urbaner Zentren (etwa der Auflösung hergebrachter Wertvorstellungen), die jedoch auch die Peripherie verändern. Optimistisch betrachtet treten an Stelle alter essentialistischer Modelle, neuere, offenere Konstellationen, die nicht mit Amoralität oder – poetischer – Verlorenheit gleichzusetzen sind.
Die Gesellschaft verändert sich, und damit auch die Methoden der Geschichtswissenschaft und unser Blick auf die Vergangenheit.

Fazit: Viele der angesprochenen Fragestellungen wurden in der einen oder anderen Weise im Laufe der LV bereits tangiert und kommentiert (wie offen ist Hypertext wirklich? Wie demokratisch ist der Zugang zur Ressource Internet wirklich?). Als wichtig empfand ich den Versuch einer gesellschaftlichen Rückbindung des Phänomens, den v.a. der letzte Teil des Textes unternimmt. (Wer sind die RezipientInnen? Auf welche Weise werden Fakten präsentiert? Wer könnte Interesse an einem unkritischen Kult des Faktischen haben? Ausdruck welcher Transformationsprozesse ist das Netz? ...) Auch die Auseinandersetzung mit der (wenn von mir richtig verstandenen) dialektischen Verbindung zwischen den verschiedenen Medien, bzw. „Internet“ und „Gesellschaft“ ist eine wichtige Erweiterung des bisher Gelesenen.
Vielleicht nur sprachlich problematisch erscheint mir die für die Zunkunft prognostizierte Modifikation der Forschungsthemen, ausgerichtet an „Relevanz“ und „Anwendbarkeit“. Zu wenig definiert bleiben beide Worte – wer bestimmt gesellschaftliche Relevanz? Jene, die am internetbasierten Prozess der Wissensbildung teilhaben können? Der BesucherInnencounter der Website? Die Provider der Sponsor-Banner?
Was ist anwendbare Forschung? Im positiven Sinne, Forschung, die mit jetzigen gesellschaftlichen Bedingungen in Zusammenhang steht? Ergebnisse, die die Handlungsperspektive gewisser Gruppen erweitern? Welcher Gruppen?
Agieren im Internet ist eben keine herrschaftsfreie Aktion – das Netz mag ein fließendes, sehr reaktionsfreudiges Medium sein, wenn jedoch nicht jeder mit den selben Voraussetzungen an ihm teilhaben kann, wird sich auch kein vollends offener Prozess entwickeln.

Dienstag, 19. Dezember 2006

aufgabe 8 :: Bloggen

sourcecode_newTextzusammenfassung und -kritik

Martin Gasteiner, Jakob Kameritsch, Schreiben für das WWW: Bloggen und Hypertexten, in: Wolfgang Schmale (Hg), Schreib-Guide Geschichte, 2. Aufl., Wien 2006, S. 243-271
Teil 1: Das Bloggen

Dass Bloggen mehr sein kann, als die exhibitionistische, postmoderne Version des romantischen Tagebuchs, mehr auch als ein kostengünstiges Medium, in den Meinungsbildungsprozess der Öffentlichkeit einzugreifen – nämlich vielseitig einsetzbares Instrument, um das wissenschaftliche Arbeiten zu erleichtern, zu erweitern und anders zu gestalten – will der Beitrag untermauern.

Je nach individuellen Vorlieben bzw. spezifischer Arbeitssituation lässt sich der (keine programmiertechnische Spezialkenntnisse erfordernde) Weblog für diverse – im weitesten Sinne mit der wissenschaftlichen Produktion in Zusammenhang stehende - Zwecke nützen:

Bloggen dient durch sein System der kontinuierlichen Einträge zum Erwerb von Schreibkompetenz – anders als das Führen eines Journals bereits von Beginn an mit der Ausrichtung auf ein Lesepublikum. Es simuliert Publikationstätigkeit in kleinem Rahmen, senkt die (mentalen und materiellen) Hürden, die mit dem Zugänglich-Machen von Selbstverfasstem verbunden sind, fördert das Gespür, die adäquate Form für den jeweiligen Inhalt zu finden und einen eigenen Stil zu entwickeln. Während des Experimentierens mit den verschiedenen Spielarten der wissenschaftlichen Kommunikation ist jedoch von der Schreibenden immer darauf zu achten, welche Gedanken und Informationen überhaupt mit einer unbegrenzten RezipientInnengruppe geteilt werden wollen.

Die relative Kürze der Beiträge resultiert schon an sich in einer neuen Form des Schreibens - der Text wird offener, ermuntert zur assoziativen Gedankengängen und ermöglicht der LeserIn Argumentationsmuster (in eine andere Richtung) weiterzuspinnen bzw. ihnen zu widersprechen. Verbunden mit der Funktion des Kommentars und der Möglichkeit, einzelne Einträge verschiedener Blogs aufeinander zu beziehen, kann dies zur Schaffung eines ortsunabhängigen, schnelllebigen Diskursfeldes beitragen, das Diskussionen mit (Studien)kollegInnen anregt und vereinfacht. Kommentare zu erhalten bedeutet gleichzeitig zu lernen, mit Kritik umzugehen und darauf zu reagieren.

Die Kategorisierung bzw. Durchsuchbarkeit des Blogs erlaubt einen einfachen, von jedem mit dem Internet verbundenen Computer durchführbaren Zugriff auf persönliche, arbeitswichtige Linksammlungen und erfordert gleichzeitig die bewusste Strukturierung (und Kommentierung) der als wichtig erachteten Informationen. Zudem wird damit erarbeitetes Wissen für andere zugänglich und die ‚normale’ Isolation der ForscherIn zumindest in gewissem Grade durchbrochen.

Die chronologische Form des Blogs entspricht der eines Forschungsjournals und kann damit die digitale Variante dieses Hilfsmittels darstellen, das den (niemals linearen) Arbeitsprozess abbildet, Auskunft über die verschiedenen angedachten Lösungsversuche, Thesen, gelesene Literatur gibt. Er wird zum „persönlichen Archiv“ – nicht nur in Bezug auf die momentane Forschungsaufgabe, sondern auch als später verwertbare Sammlung von Notizen zu Texten, Veranstaltungen, Filmen oder Ausstellungen.
Durch seine Anbindung an die Außenwelt der Institution verbindet er darüber hinaus die ‚realen’ gesellschaftlichen Verhältnisse mit der vermeintlich abstrakten Wissenschaft und erzwingt eine Auseinandersetzung mit ihnen.

Bloggen muss keine individuelle Handlung sein – Gemeinschaftsblogs sind ideales Kommunikationsmittel für Gruppenarbeiten, das einen gleichmäßigen weil gleichzeitigen Informationsstand aller Beteiligten ermöglicht, Diskussionen öffentlich und damit transparent macht und dazu anregt, Ideen gemeinsam zu entwickeln.

Auch wenn dem Blog eine informelle Aura anhaftet, ist auf korrektes Zitieren, Fragen des Urheberrechts und nachvollziehbare Fehleraufklärung zu achten, so innovativ und schnell das Medium auch wirkt - die ‚strikte’ Ethik des wissenschaftlichen Arbeitens sollte keinesfalls aufgeweicht werden.

persönliches Fazit: Ich glaube, dass viele der angesprochenen Punkte mit der Quantität und Qualität der LeserInnen und KommentatorInnen stehen und fallen. Gerade die Studien-Journal-Variante des Blogs erfordert eine Gruppe von RezipientInnen, die den Diskurs am Leben erhalten – diese Gruppe zu finden, zu behalten bzw. zu erweitern scheint mir durch die spezifische Organisation des Studiums fast unmöglich. Während ein von verschiedenen ForscherInnen betriebener Blog zu einem relativ eingeschränkten Gebiet wohl größere Aussichten hat, zu einem lebendigen Feld des Gedankenaustausches zu werden, ist die individualisierte Variante (gerade in ihrer studentischen Ausprägung) wohl eher zum Scheitern verurteilt. Ich weiß nicht, in welcher Form der bisherige Erfolg der Vernetzung der einzelnen Aufgaben via Blog für diese Lehrveranstaltung in der Präsenzstunde diskutiert wurde – aber das Ergebnis lässt keinen großen Optimismus zu. Dass mag an der Trockenheit der Thematik liegen (wer liest schon gerne freiwillig 20 nahezu identische Homepage-Besprechungen?) wird aber prinzipiell – v.a. wenn eben keine vorher durch ein Seminar definierte Gruppe existiert – verallgemeinerbar sein.
Auch dem Topos des Blogs ‚als Tor zur Lebenswelt’ (so wichtig diese Verbindung ist) kann ich nur bedingt zustimmen. Handelt es sich um einen wissenschaftlichen Blog, wird dieser letztendlich auch nur von spezifisch interessierten Menschen gelesen werden. [Waren die Kommentare von nicht zur LV gehörender BesucherInnen unmittelbar nach Aufsetzen unserer ersten Beiträge noch verhältnismäßig zahlreich, haben sie sich ab dem Zeitpunkt, an dem begonnen wurde, Inhalte online zu stellen, auf die LV-LeiterInnen verengt.] Wissenschaft ist immer Teilhabe an gesellschaftspolitischen Prozessen (Intention oder nicht) – bei der Bewusstmachung dieses Zusammenhangens ist die Relevanz eines Weblogs vermutlich nicht sonderlich hoch einzuschätzen.
Durch meine persönliche Arbeitsweise erklärbar, scheint mir der aus der Form resultierende mögliche Abbau von Schreib-Hürden ein wichtiger Vorteil zu sein. Um schnelleres, weniger strikt durchdachtes, weniger gequältes Publizieren zu üben, stelllt ein Blog (selbst ein wissenschaftlicher) vermutlich ein sehr gutes Experimentierfeld dar - vorausgesetzt, die Tatsache der eigenen Verwundbarkeit wird akzeptiert – nicht eben ein Charakterzug, dem die wissenschaftliche Ausbildung großen Stellenwert zuordnet.

Update: Ich schließe mich den Anmerkungen Kollegin Markovas zur Autorenschaft an. Abhängigkeitsverhältnisse und Kritik sind noch nie eine sonderlich konstruktive Verbindung eingegangen.

Dienstag, 5. Dezember 2006

AUFGABE 7 :: Hypertext

Zusammenfassung und Textkritik

netzsqMartin Gasteiner, Jakob Kameritsch,
Schreiben für das WWW: Bloggen und Hypertexten, in: Wolfgang Schmale (Hg), Schreib-Guide Geschichte, 2. Aufl., Wien 2006, S. 243-271




Gewisse Prinzipien des Hypertextes (etwa die Möglichkeit einer nicht-linearen Rezeption, einer flexiblen Anordnung, die Existenz von Querverbindungen zwischen nicht-hierarchisch angeordneten Subeinheiten) strukturieren – in verschiedenen Abstufungsgraden – eine beträchtliche Anzahl von Medien, die bereits lange vor der Entwicklung des Computers Teil des wissenschaftlichen Arbeitens waren. Lektürekarten, Zettelkästen, Lexika, Zeitschriften – sie alle ermöglichen einen individuellen, selektiven Leseweg. Selbst die klassische Monographie eröffnet ein Zugangsfeld quer zur eigentlichen Intention der AutorIn – in jedem Buch kann hin- und hergeblättert, kein Buch muss per definitionem von Anfang bis zum Ende durchgelesen werden.
Die von der Sprachwissenschaftlerin Angelika Storrer vorgeschlagene Gegenüberstellung von medialer und konzeptioneller Linearität verschiebt den Untersuchungsschwerpunkt von der Rezeption zur Produktion und erfasst damit das grundlegende Strukturierungselement des Hypertexts: Während viele andere Textformen eine multilineare Herangehensweise lediglich erlauben, erfordert der Bauplan des Hypertextnetzwerk das stetige Springen zwischen seinen Modulen.
Storrer unterscheidet
  • monosequenzierte Texte, die einen einzigen Leseweg vorschreiben, der ohne Verlust von Bedeutung nicht verlassen werden kann. (z.B. Romane)
  • mehrfachsequenzierte Texte, deren Elemente je nach spezifischen Vorlieben unabhängig voneinander zugänglich sind (Reiseführer, wissenschaftliche Handbücher ...) und
  • unsequenzierte Texte, die der LeserIn nicht nur die Wahl des Einstiegspunkts und der Abfolge der Texteinheiten überlassen, sondern ihre Texteinheiten auch miteinander verknüpfen.
In seiner idealtypischen, verlinkten und stark assoziativen Form benötigt der Hypertext den Computer, dessen Möglichkeiten mit den Erfordernissen einer offenen Netzstruktur am besten konvergieren.

AutorInnenschaft: Um ein stringentes Hypertextwerk zu schaffen, sollten auf der Produktionsseite gewisse Grundregeln eingehalten werden, ohne die die notwendige Balance zwischen Fragmentierung und Kontextualisierung ins Schwanken gerät:
  • Das zu vermittelnde Gebiet wird in Module (informationelle Einheiten) aufgeteilt, die in sich kohäsiv geschlossene Bausteine darstellen müssen – ansonsten ist weder eine freie Wahl des Beginns der Auseinandersetzung, noch des weiterführenden Pfades gewährleistet.
  • Jedes Modul muss darüber hinaus kontextoffen sein – d.h. möglichst viele Aspekte beinhalten, die auf weitere Einheiten verweisen. Seine relative Kürze erfordert einen prägnanten, verständlichen Stil, der Offenheit und nicht Abgeschlossenheit suggeriert.
Anhand der Entstehung des didaktischen Hypertextnetzwerks pastperfect.at behandelt der Beitrag die Herausforderungen, die aus einer kollektiven AutorInnenschaft entstehen: Da Stile und Intentionen der Beteiligten oft weit auseinander fallen, ist es nötig, gemeinsame Standards zu entwickeln, um fließende Übergänge zu ermöglichen ohne vorhandene Differenzen und Individualität vollends zu übergehen. Zu klären ist das Vorwissen und (bis zu einem gewissen Grad) das Erkenntnisinteresse des Zielpublikums, der Umfang der informationellen Einheiten, sowie die Art ihrer Verknüpfung. Obwohl die BesucherInnen auf keinen speziellen Pfad verpflichtet werden dürfen, folgt das Hypertextnetzwerk einer vorher festgelegten Struktur, die vor allem aus der Setzung und Definierung seiner Links resultiert. Auf der Ebene der Verbindungslinien bildet sich die Kategorisierung (und Hierarchisierung) der Teile – hier wird eine inhaltliche Gewichtung gesetzt und entschieden, welche Begriffe (Attribute) als grundlegend und welche als vernachlässigbar angesehen werden. Der folgende Schreibprozess erfordert das permanente Mitdenken der vorher ausgehandelten Attribute und die Auseinandersetzung mit fremden Texten, denn schließlich darf kein Modul eine nur einseitig verlinkte Sackgasse darstellen.

Hypertextcreator: Systeme, die auf einer gemeinschaftlichen Textproduktion aufbauen (etwa Wikis) werden zunehmend in Schulen und Universitäten eingesetzt, um Teamwork- und Kommunikationsfähigkeiten auszubilden. Das online zugängliche Content Management System Hypertextcreator bietet ein themenneutrales Interface an, mit dem sich ohne spezielle Programmierkenntnisse (kollektive) Hypertextnetzwerke kreieren lassen. Es entbindet die Beteiligten durch die elektronische Generierung typisierter Links, die zwei auf dasselbe Attribut verweisende Texte automatisch zusammenführen, vom mühsamen, händischen Setzen der Verbindungen und bietet damit einen einfachen Einstieg an, um ein u.U. in einer Lehrveranstaltung bearbeitetes Thema in einer gemeinsamen Anstrengung sichtbar zu machen. Es liegt in der Natur des Hypertextes, dass nicht nur die RezipientInnen, sondern auch die AutorInnen zu unerwarteten Perspektiven auf das Ausgangsmaterial finden und das Ganze als qualitativ mehr als nur die Summe seiner Teile erfahren wird. Dementsprechend erscheint die Arbeit mit Hypertext in didaktischen Zusammenhängen als Lektion über die Sinnhaftigkeit eines kollektiven Arbeitsprozesses, der es nötig macht, für alle tragbare Definitionen zu finden, Unterschiede aber auch Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten und seine eigene Sichtweise permanent mit der Anderer abzugleichen, zu verteidigen oder abzuändern.

hp_hypertext2hp_hypertext1 Thumbnails zweier im Zuge von
Lehrveranstaltungen an der
Universität Wien entstandenen
Hypertext-Projekte


Fazit: Guter Einführungstext, nach dessen Lektüre wohl niemandem die grundlegenden Spezifika des Hypertextes:
  • Unabgeschlossenheit, Ausbaufähigkeit
  • freie Wahl der Navigation zwischen abgeschlossenen Subeinheiten anhand auswählbarer Pfade
  • diese offene, assoziative Navigation erst ermöglichende Verweise zwischen den einzelnen Modulen
entgangen sein dürften.
Viel klarer als der Reflexions-Bereich von pastperfect.at weist der Beitrag – und das ist wohl sein größter Vorteil – darauf hin, dass natürlich auch jeder Hypertext von den spezifischen Intentionen der AutorInnen geprägt ist (v.a. durch die Verteilung der Attribute), seine vorgebliche rezeptive Freiheit also nur eine bedingte ist. Auch die inhaltliche Verschiebung in Richtung Produktion erscheint mir sinnvoll – besonders unter dem Gesichtspunkt eines Werkzeugs, mit dem sich gemeinsames Produzieren austesten lässt. Denn obwohl ein Hypertextnetzwerk der letzte Ort wäre, an dem ich mich begeben würde, um mir wirklich substantielles Wissen über eine Thematik anzueignen (fehlende Literaturhinweise, erschwerte Einordnung in einen Forschungszusammenhang ...) ist seine Instrumentalisierung als Spielwiese des kooperativen Arbeitens als durchwegs positiv anzusehen.
Neben all der – verdienten – Anerkennung des fortschrittlichen Potentials des Hypertexts fehlt jedoch eine kritischere Auseinandersetzung mit der Materie. Das egalitäre Traumland aus flachen bzw. nicht-existenten Hierarchien, die anti-narrative Grundtendenz, das Spiel mit Verbindungen und Assoziationen (die der Struktur unseres Denkens offensichtlich ähnlicher sind, als jede starre Linearität) hat auch negative Aspekte – die im Text weit unterrepräsentiert sind.

weitere Informationen zum Hyptertextcreator unter:
hypertextcreator@univie.ac.at
bzw. der e-learning-Seite der Historisch- Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien Hist-e-Kult

Sonntag, 26. November 2006

Aufgabe 6 :: pastperfect.at

hp_pastperfect
Rezension pastperfect.at

Entstanden in enger Zusammenarbeit von WissenschafterInnen und WebdesignerInnen scheint pastperfect.at für all jene, die ihre anfängliche, den Aufbau betreffende Verwirrung lange genug ertragen können, um sich näher mit dessen verwinkelter Struktur auseinanderzusetzen, einen spielerischen Zugang zur europäischen Geschichte der Frühen Neuzeit zu eröffnen. Nach und nach erschließt sich jedoch eine zweite, selbstreflexive Ebene des Projekts, in die ebenso viel Energie investiert wurde, wie in die Vermittlung von Wissen über historische Ereignisse und Zusammenhänge. In ihr wird die Seite selbst zum Forschungsobjekt, dessen methodologische Prämissen offengelegt werden, das in medientheoretische, philosophische und soziologische Diskurse eingebettet, und in seiner Genese nachvollziehbar gemacht wird.

Im Moment macht pastperfect.at etwa 700 Texte von 60 AutorInnen zugänglich, die Seite ist jedoch für einen kontinuierlichen Ausbau angelegt – ganz im Sinne der Präsentation von Geschichte als unabgeschlossenes Projekt ohne Anspruch auf Vollständigkeit und überzeitliche Gültigkeit.

Navigation: Die aufwendige Flashanimation einer europäischen Landkarte begrüßt die BesucherInnen und offeriert für jedes Jahr zwischen 1492 und 1558 mehrere reale Orte, denen jeweils ein historisches Ereignis zugeordnet ist. Ein kurzer Einführungstext erscheint, sobald die geographische Auswahl getroffen wurde. Zentrale, darin behandelte Begriffe werden in der linken Spalte aufgegriffen und ermöglichen anhand von vier vorgegebenen Kategorien ein vertiefendes Eindringen in die Thematik:

Ereignisse bietet weitere – frühere und spätere - historische Fallbeispiele an, die die angesprochenen Fragestellungen tangieren.

Kontexte verlinken das jeweils angewählte historische Faktum mit ausführlicheren Überblicksartikeln und binden damit das individuelle Handeln in größere gesellschaftliche Zusammenhänge ein. Die 18 im Moment verfügbaren Darstellungen umfassen „klassische“ historische Subkategorien wie Religion, Kultur, Geist, Politik und Frühkapitalismus ebenso wie die spezifischeren Gebiete Hofkultur im 16. Jahrhundert, Korrespondenznetzwerke und Kommunikationsprobleme der Konquistadoren. Aufgrund ihrer Beschränkten Anzahl werden sie sehr freigiebig angeboten, zT sind die Verbindungslinien nicht auf den ersten Blick nachzuvollziehen - so kann es schon einmal passieren, bei einem den Buchhandel betreffenden Ereignis den Kontext ‚Musik’ vorzufinden.

Vorerst wenige Themenkomplexe werden auf der Rezeptionsebene durch die Jahrhunderte hindurch verfolgt. Bilder und Interpretationen von historischen Ereignissen und Persönlichkeiten werden darin in ihrer zeitabhängigen Konstruiertheit erschlossen – im geschichtswissenschaftlichen Diskurs wie in diversen künstlerische Medien.

Als weitgehend abgeschlossener Punkt, der nicht direkt auf das einzelne historische Ereignis reagiert, präsentieren sich die Reflexionen. Es ist jener Bereich, der eine Metaebene einzieht – abstrakt in Form von wissenschaftstheoretischen Essays, die sich im weitesten Sinne mit Fragestellungen zum Medium Internet auseinandersetzen, konkret in Form persönlicher Erfahrungsberichte, die die Entstehung von pastperfect.at als kollektiven Arbeitsprozess von Beteiligten aus sehr heterogenen Kontexten schildern. Viele der Essays erfordern ein beträchtliches Maß an Hintergrundwissen und stehen damit in krassem Gegensatz zum Rest der Seite, die sich – laut Eigenbeschreibung – ganz ohne Scham der populären Wissensvermittlung widmet. Die extreme Diskrepanz im Anspruchsniveau der Vermittlungs- und Reflexions-Seite resultiert in einem Ungleichgewicht mit negativen Beigeschmack. Vielleicht hätte zumindest der Versuch eines etwas demokratischeren Zugangs unternommen werden können. BesucherInnen, von denen angenommen wird, ihnen müsse erklärt werden, dass Töchter aus aristokratischen Familien des Öfteren Objekte der dynastischen Heiratspolitik waren, werden mit den abstrakten, selbstreferentiellen Essays (etwas jenem zu ‚Zeitkreuzungen’) wenig anzufangen wissen.

Zusätzlich helfen Biographien, Glossar, Bildbeispiele und eine Suchfuntion bei der Durchdringung des gewählten Bereichs.

Fallbeispiel und methodologische Grundlagen: 1500 gründet Johanna von Valois in Bourges den Orden der Annunziantinnen. Schon im Text zum Ereignis selbst wird die Ordensgründung mit Fragen der Ständegesellschaft und des Handlungsspielraums von Frauen am Anfang des 16. Jahrhunderts in Bezug gesetzt. Das Navigationssystem ermöglicht der BesucherIn nun als imaginäre Europareisende den Akt Johannas mit gänzlich anderen Ereignissen desselben Jahres zu vergleichen, ähnlich beschlagwortete Ereignisse eines anderen Jahres anzuwählen (etwa die 1523 stattgefundene Flucht der späteren Ehefrau Luthers aus einem sächsischen Kloster) oder einen Kontextartikel zum Status der Frau in der Frühen Neuzeit abzurufen. Dass unter Rezeption das nicht eben benachbarte Thema der ‚Humanistischen Erziehungsliteratur’ aufscheint, ist paradigmatisch für den hier verfolgten Zugang zu Wissensvermittlung. Wer abgeschlossene thematische Subeinheiten erwartet, sucht vergeblich. Das nicht-lineare Hypertextwerk fingiert als Antithese zur ‚großen historischen Erzählung’. Pastperfect.at will eine Vielzahl von Zugängen, Betrachtungsweisen und Kontextualisierungen eröffnen. Die Reiseroute ist nicht vorgegeben, assoziativ und endet im besten Fall in einem gänzlich neuen Blickwinkel auf ihren Ausgangspunkt.

Die Verantwortlichen vertreten die keineswegs mehr revolutionäre These, dass das Medium nicht bloß eine neutrale Hülle für die vermittelten Inhalte darstellt, sondern strukturierend eingreift. Durch die Etablierung eines Netzwerkes, in dem sich die LeserIn weitgehend frei bewegen kann, in dem verschiedene Perspektiven zugänglich sind, in dem Ereignisse der politischen Geschichte gleichwertig mit kunst- und kulturgeschichtlichen Inhalten präsentiert werden, in dem Gleichzeitigkeit und Vereinzelung eine ebenso wichtige Rolle spielt wie Bezüge und Verbindungen ist pastperfect.at eine Fallstudie zur Rolle des Mediums selbst.

Die in der Projektbeschreibung und einigen Reflexions-Essays postulierte Macht der RezipientInnen, die ihren Weg durch die Geschichte anhand ihres eigenen Erkenntnisinteresses wählen können (die Verschiebung des Handlungsspielraums vom Sender zur EmpfängerIn) sehe ich jedoch nur bedingt. Die Grundelemente sind und bleiben Texte, und auch wenn ein Kollektiv von WissenschaftlerInnen an ihnen gearbeitet hat, besteht dieses Kollektiv dennoch aus Menschen, die sich mit dem grundlegenden methodischen Ansatz der Seite identifizieren können. Die differierenden Ansätze und Ambivalenzen sind schon aufgrund der Kürze der Texte nicht nachzuvollziehen. Es fällt um einiges leichter anhand von zwei beliebigen Büchern zu einer Thematik die gesellschaftliche Bedingtheit von historischem Wissen zu erkennen, als anhand des didaktischen Bereiches von pastperfect.at.
Ohne die Expansion der Freiheit der LeserIn zu verkennen, glaube ich dennoch, dass es – hehre Ziele hin oder her – manchmal gefährlich sein kann, den Anschein zu erwecken, hierarchiefreies Wissen zu vermitteln.

BenutzerInnenfeundlichkeit: Pastperfect.at ist eine wunderschön gestaltete Seite, aber dem ersten, einladenden ästhetischen Eindruck folgt die Desillusionierung: Verhältnismäßig lange Wartezeiten zwischen den Aktionen (bedingt durch die Flashanimation) und eine Unübersichtlichkeit, die eine nicht zu verachtende Einstiegshürde darstellt. Vielleicht ist die anfangs erzeugte Konfusion Programm, vielleicht ist sie eine Hommage an die denkenden UserInnen, denen entweder zugetraut wird, Ordnung in das Chaos zu bringen oder das Chaos (als positiv gewertete Unordnung) als Grundprinzip zu umarmen – gleichzeitig trägt sie aber auch zu Anspannung und Frustration bei – nicht die besten Voraussetzungen für ein didaktisches Medium auf EinsteigerInnen-Level.
Trotz ihrer Kürze erfordern die meisten Texte durch ihre Anordnung im unteren Drittel des Bildschirms zumindest am Laptop lästiges scrollen, die manuelle Navigation via Zeitrad ist ungenau, das Weiterklicken durch die Jahre zeitaufwändig und dass sich so wichtige features wie Projektbeschreibung, Literaturliste und Druckfunktion unter leeren Quadraten verbergen trägt auch nicht zur UserInnenfreundlichkeit bei. Besonders schwer zugänglich gestaltet sich der Rezeptions-Punkt mit seiner undurchsichtigen, an einem Koordinatensystem angelehnten Anordnung der Themen bzw. Jahreszahlen, und auch die Systematisierung der fast nicht mehr lesbaren Reflexions-Thematiken wird visuell komplizierter als nötig umgesetzt. Wenn die Medienphilosophie die einfache Beziehung ‚form follows function’ nicht dekonstruiert hätte, würde mein Verdikt lauten: Hier wurde einiges an Potential dem äußeren Erscheinungsbild geopfert.

hp_pp_rezeption hp_pp_reflexionen Thumbnail des Rezeptions- und Reflexions-Bereichs





Fazit: Demontage simpler historischer Kausalität, Vermittlung verschiedenster Geschichtsabläufe und völlige Abkehr von fachinterner Hierarchisierung (der Erbvertrag Habsburg-Ungarn wird auf gleicher Ebene wie die Herausgabe eines Werkes zur Frauenheilkunde behandelt) sind sinnvolle methodische Ansätze und Entscheidungen, wenn sie auch längst kein Schattendasein innerhalb des geschichtswissenschaftlichen Diskurs mehr fristen. Interdisziplinäres Arbeiten, Offenlegung des theoretischen Hintergrundes und das Aufzeigen der Rezeptionsgeschichte weit über die eigentlich bearbeiteten historischen Zeitabschnitt hinaus – alles Voraussetzungen für eine spannende, gut durchdachte didaktische Seite. Selbst das Springen zwischen kurzen Texten (dem ich persönlich nichts abgewinnen kann) vermittelt vermutlich vielen BesucherInnen das lustvolle Gefühl sich auf einer selbstgesteuerten Entdeckungsreise mit unklarem Ausgang zu befinden.
All dies leidet unter der Usability-Problematik, die nur zum Teil durch die ebenfalls zugängliche Textversion entschärft werden kann.

Montag, 20. November 2006

aufgabe 5 :: historicum.net

hp_historicum
Aufbau und Angebot von historicum.net

Wie Clio-online will auch historicum.net HistorikerInnen den Zugang zu wissenschaftlichen Internet-Angeboten ermöglichen. Während sich Clio jedoch – zumindest strukturell – keine thematischen Grenzen in der Ressourcen-Aufnahme gesetzt hat, bedient historicum.net mit seinen inhaltlichen Schwerpunkten ein deutlich klarer definiertes Feld. Darüber hinaus versteht sich die Seite nicht nur als Sammlung spezifischer Links, sondern bietet in ihrem thematisch geordneten Unterbereich mehr oder weniger ausführliche interne Einführungstexte an. Sie ist bis auf wenige zwei-sprachige Subkategorien nur auf Deutsch zugänglich und befasst sich vornehmlich mit europäischer Geschichte.

Aus dem 1999 von der Ludwig-Maximilians Universität München und der Bayrischen Staatsbibliothek initiierten Nukleus Server Frühre Neuzeit heraus entstanden, ist die zentrale Koordination des Projekt seit 2004 an der Universität Köln verankert. Die einzelnen Fachportale sind ‚outgesourct’ (sie werden von ehrenamtlichen und autonomen RedakteurInnen betreut), aber unter dem einheitlichen Layout und Aufbau der Seite versammelt. Institutionen aber auch Einzelpersonen werden zur Mitarbeit aufgefordert, Kooperationsgespräche mit den verantwortlichen Kontaktpersonen gerne geführt - der Eindruck einer verhältnismäßig offenen und flexiblen Informationsschnittstelle herrscht vor.

Im Menüpunkt Über uns finden sich nicht nur Impressum und Kontaktadressen, sondern auch einführende FAQ’s, technischer support, die Möglichkeit den Newsletter zu abonnieren, ein ausführlicher Pressebereich mit in diversen Medien erschienenen Rezensionen und eine Liste der Förderer und Partner (darunter die Deutsche Forschungsgemeinschaft, H-Soz-u-Kult, sowie die historischen Institute der Universitäten Köln, München, Tübingen und Trier).

Das Informationsangebot der Seite ist in die Punkte
  • Themen
  • Länder
  • Lehren & Lernen
  • sowie Recherche
gegliedert.

Unter Themen stehen derzeit 15 Bereiche zur Auswahl, die etwas eklektisch Biographisches (Napoleon), spezifische Ereignisse (Schwabenkrieg) wie auch relativ breit angelegte Gebiete (Jüdische Geschichte 1500-1800) umfassen. Der zeitliche Schwerpunkt liegt im Moment entstehungsgeschichtlich bedingt noch auf der Frühen Neuzeit, das Portal ist aber deutlich darum bemüht, seinen zeitlichen Rahmen auszuweiten – so finden sich bereits die Thematiken Internationale Geschichte, Risorgimento, Bombenkrieg und der aktuellste Zuwachs: Zwangsarbeit in der Region Rhein-Erft-Rur.

Trotz der vergleichbaren Grundstruktur, mittels derer die einzelnen Themenportale die zugängliche Information aufbereiten, differieren sowohl die gewählten Herangehensweisen, wie auch der quantitative Umfang beträchtlich. Ein Einführungstext ist überall vorhanden, teils als längerer wissenschaftlicher Artikel, teils als kurze, blitzlichthafte Vorstellung diverser Teilaspekte. [Ersterer verdient uU nicht die Bezeichnung ‚webgerecht’, mir persönlich scheint aber ein konsistenter Syntheseversuch hilfreicher, als aus drei Sätzen bestehende Informationshappen.]
Eine Bibliographie fehlt nur dort, wo in den Links auf eine Literatursammlung hingewiesen wird. Alles Weitere wurde den FachbetreuerInnen überlassen – mit dem Resultat eines sehr heterogenen Angebots, in dem man je nach persönlichem Geschmack die postmoderne Vielfalt schätzen, bzw. die fehlende Einheitlichkeit monieren kann.

Das Portal zu Hexenforschung (eines der contentreichsten) offeriert z.B.:
  • eine Sammlung weiterführender Texte aus verschiedenen Publikationen (online und gedruckt)
  • ein Lexikon
  • Text- und Bildquellen
  • eine Mailingliste
  • Links (die leider nicht für jede Thematik zugänglich gemacht wurden)
  • sowie eine Zeitleiste.
In manchen Bereichen finden sich Tagungsberichte, Biographien, Artikel zum Forschungsstand, Rezensionen, Statistiken und eine Auswahl jener WissenschafterInnen, die sich mit der Thematik auseinandersetzen.

Aus der Reihe fällt lediglich der spannende Unterpunkt Klassiker der Geschichtswissenschaften, indem er de facto ein Biographisches Lexikon berühmter Historiker zugänglich macht.

Die elf – zum Teil vom Herder-Institut betreuten – Länderportale verzichten auf interne Einführungsbereiche und stellen primär eine Linksammlung dar. Eingeteilt in Epochen und zum Teil auch in Thematiken und Regionen bieten sie Verweise auf Literatur, Quellensammlungen, Institutionen, Forschungsprojekte, Karten, Fachzeitschriften, Rezensionen und Portale.

Lehren & Lernen stellt zwei seiteninterne Einführungen (Arbeiten mit Archiven, Computer im Geschichtsunterricht) zur Verfügung, sowie eine Sammlung diverser online-Tutorien zu Arbeitstechniken, historischen Hilfswissenschaften und Teilbereichen der Geschichtswissenschaft. Ein großer Bereich ist dem Geschichtsunterricht gewidmet, mit einer umfangreichen Bibliographie zur Fachdidaktik sowie Links zur internetgestützten Lehre.

Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben wurde für jene, deren Forschungsgebiet auf historicum.net nicht repräsentiert ist, unter Recherche eine überschaubare Auswahl an wichtigen Verknüpfungen zu Onlinekatalogen, Nachschlagewerken, Fachzeitschriften, Institutionen und Portalen zur weiterführenden Suche zusammengestellt. Nicht der Platz um einen direkten Verweis auf eine bestimmte Spezialdatenbank zu finden, eröffnet der Bereich jedoch den Zugang zu Seiten auf denen dies sehr wohl möglich ist.

Zwei weitere Projekte stehen mit historicum.net in Verbindung:
  • die drei mal jährlich erscheinende Online-Zeitschrift zeitenblicke.de, die sich jeweils mit einem Schwerpunkt auseinandersetzt (die letzte Ausgabe beschäftigt sich etwa mit der Religionsgeschichte der frühen Neuzeit)
  • sowie sehepunkte.de, ein ein-monatliches Rezensions-Journal.
Beide sind durchsuchbar und kostenlos zu beziehen.

Historicum.net ist eindeutig nicht nur an ein forschendes Fachpublikum gerichtet, sondern vor allem auch an Studierende und interessierte Laien, die sich kompakt mit einer Thematik vertraut machen wollen. Das schlägt sich nicht nur in den verständlichen Einführungsartikeln nieder, sondern ebenso in der ausgedehnten Sammlung didaktischer Links. Gerade dieser Bereich verdient besondere Beachtung und ist vermutlich jener Punkt, der die Seite von anderen Fachportalen am stärksten abhebt.

Ohne Zweifel erfüllt historicum.net durchwegs wissenschaftlich Standards; die zum Teil ins marktschreierische abgleitenden Eigenbeschreibungen (das „anerkannte Fachportal für Historiker im Internet schlechthin“) sind in Anbetracht seiner übersichtlichen Gliederung und der Ernsthaftigkeit, mit der versucht wurde, die Informationen gut strukturiert für einen leichten Zugriff aufzuarbeiten, verzeihbar. Letztendlich stellt die Seite aber vor allem das Versprechen eines kontinuierlich von statten gehenden Ausbaus der angebotenen Themen dar. In seiner jetzigen Form deckt es nur sehr beschränkte, etwas wahllos zusammengestellte Teilbereiche ab - manche davon äußerst qualitätsvoll, mache eher kursorisch.

Montag, 13. November 2006

Aufgabe 4 :: Clio-online

hp_clioonline
Angebote und Aufbau von Clio-online

Das an der Humboldt-Universität Berlin verankerte Portal Clio-online hat es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur ein zentraler Einstiegspunkt für die Suche nach online verfügbaren, für die Geschichte relevanten Ressourcen zu sein, es bietet darüber hinaus eine Reihe weiterer eigener Services an, die das wissenschaftliche Arbeiten erleichtern und zur Vernetzung der ForscherInnen beitragen.
Gefördert von der nahezu ausschließlich durch staatliche Mittel finanzierten Deutschen Forschungsgemeinschaft eröffnet die Seite in enger Zusammenarbeit mit ihren neun Kooperationspartnern einen Zugang zum fast unübersehbaren Angebot der im Internet publizierten historischen Informationsquellen.

Sechs thematische Hauptstränge strukturieren die Navigation:

Seit 2005 ermöglicht Clio-online die parallele Volltextsuche in 21, zugangsbeschränkungslosen Web-Anbietern historischer Rezensionen, die im Unterpunkt Partner kurz vorgestellt werden und nicht nur fachspezifische Publikationen umfassen (H-Soz-u-Kult, Medieval Review …), sondern auch diverse tagesaktuelle Printmedien (taz, Frankfurter Allgemeine …).

Das Institutionen-Verzeichnis sammelt die Daten der wichtigsten Archive, Bibliotheken, Museen, Verbände und Universitäten, so stehen etwa bis jetzt 644 Archive zur Verfügung - vom Akademischen Seglerverein bis zum Zentralen Ordensarchiv der Franziskanerinnen. Selbst eine Suche nach einem sehr allgemeinen gehaltenen Term liefert jedoch unter Umständen nur wenige Treffer. Wer sich also einen Überblick über die für sein Forschungsthema relevanten Institutionen verschaffen will, wird um händische Durchsicht des Materials nicht umhin kommen.

Um zur Vernetzung der an einer Thematik Arbeitenden beizutragen hat jede ForscherIn die Möglichkeit, vita, Publikationen und Forschungsschwerpunkt an Clio zu senden und damit in die bereits 1070 Einträge umfassende Liste von WissenschafterInnen aufgenommen zu werden.

Die kurzen, und damit an das Medium angepassten Guides sind in drei Unterpunkte geordnete Überblicksartikel, die fast durchgängig unter dem Gesichtspunkt der Online-Recherche:
  • Einführungen ins wissenschaftliche Arbeiten anbieten (Umgang mit Archivalien, Publikationen),
  • und thematische (Technik- Umwelt- Frauen und Geschlechtergeschichte) sowie
  • regionale Einstiegeshilfen zugänglich machen.
Sie beinhalten die wichtigsten Vereine, Bibliographien und Webressourcen zum jeweiligen Gegenstand/Land und stellen damit methodisch die verkürzte Form der beiden clio-Module zur Zeitgeschichte, sowie zum Ersten Weltkrieg dar.

Eine Auflistung diverser – wenn auch deutschlandzentrierter – Stellen-/Praktikumsbörsen, Stipendien, Ausschreibungen für Forschungsaufenthalte, Weiterbildungsangebote und Studienmöglichkeiten findet sich im Menüpunkt Chancen.

Neben den Rezensionen stellt das Webverzeichnis das zweite zentrale und ambitionierteste aller clio-features dar. Mehr als 7000 fachwissenschaftliche Angebote stehen in sechs Unterkategorien zur Verfügung:
  • Forschungsprojekte
  • Institutionen (wobei die Unterschiede bzw. Überschneidungen mit dem gleichnamigen Hauptnavigationspunkt nicht ersichtlich sind)
  • Bibliothekskataloge
  • Materialien (virtuelle Ausstellungen, Publikationen, Bildarchive, Tondokumente, aber auch für HistorikerInnen interessante Software …)
  • Nachschlagewerke (Sammlungen von Zeitschriftentiteln, Spezialwörterbücher…)
  • Portale: Jedes Portal ist mit einer Länderkennung versehen, ein Klick auf die Ressource führt zu einer kurzen Beschreibung und zum weiterführenden Link. Trotz des historischen Schwerpunkts der Seite wurden auch angrenzende Disziplinen berücksichtigt. Wie jede andere von clio zur Verfügung gestellte Liste, sind auch die Portale durchsuchbar – hilfreich wäre die Offenlegung der Beschlagwortung und die Möglichkeit einer thematischen Ordnung. Denn wie beim Institutionenverzeichnis empfiehlt es sich auch hier nicht alleine auf die Suchfunktion zu vertrauen.
Die aktuellsten Aufnahmen in das beständig erweiterte Webverzeichnis erscheinen gleich auf der ersten Seite, Langzeit-user können schnell und einfach am neuesten Stand der Erschließung bleiben.

Wer nicht länger als fünf Minuten der absurden Meinung erliegen will, es handle sich bei der von Clio angebotenen Suche um eine Recherche in allen hier zusammengetragenen weiterführenden Seiten und nicht bloß in ihren Beschreibungen, sollte sich die kurzen, hilfreichen, im Menüpunkt Über Clio zugänglichen Einführungen durchlesen. Denn clio bietet zusätzlich eine Metasuche an, die einen kleinen Schritt hin zum technisch wohl nicht verwirklichbaren, parallelen durchsuchen aller Materialensammlungen darstellt. Im Moment erfasst sie primär 35 weitgestreute Dienste der Kooperationspartner. Die angebotenen Kurzbeschreibungen erleichtern eine erste Orientierung - dennoch ist es nötig, sich erst einmal mit den einzelnen Angeboten bekannt zu machen, um die Option wirklich sinnvoll nutzen zu können.

Obwohl der Zugriff auf die Dienste von Clio-online anonym durchgeführt werden kann, bietet die Seite ein BenutzerInnenkonto an, das es erlaubt, personalisierte Mailinglisten anzulegen, den Clio-Newsletter zu beziehen und sich in das ForscherInnenverzeichnis einzutragen. Wer sich abseits von Impressum und Redaktion weiter über das Projekt informieren will, der/dem stehen eine Dokumentation, Tagungsberichte, Zugriffsstatistiken und die Ergebnisse einer äußerst elaborierten BenutzerInnenbefragung zur Verfügung.

Clio ist in einer englischen Version zugänglich und inkludiert auch internationale Angebote – unübersehbar aber verständlich liegt ihr Schwerpunkt jedoch auf deutschsprachigen und englischen Ressourcen. Seltener findet sich eine italienische Datenbank, eine spanische Quellensammlung oder ein französisches Archiv.

Trotz der erdrückenden Fülle an Information ist es nahezu unmöglich sich auf Clio-online nachhaltig zu verirren. Das an Karteikarten orientierte Ordnungssystem eröffnet den jeweiligen Standpunkt auf den ersten Blick und lässt auch beim Springen zwischen verschiedenen Verzeichnisebenen keine Verwirrung aufkommen. Und das ist gut, denn um zu einem wirklich substantiellen Ergebnis zu kommen, genügt eine einfache Suche in den seiteninternen Beschreibungen der Materialien vermutlich nur in den seltensten Fällen, ein Herumwandern ist – zumindest für Clio-NovizInnen – nötig und wohl auch von den Verantwortlichen gewünscht.

Sonntag, 5. November 2006

aufgabe 3 :: checkliste zur homepage-beurteilung

hp_europaquellen1
Analyse der Homepage Europabegriffe und Europavorstellungen im 17. Jahrhundert

Inhaltliche Kriterien: Die Homepage sammelt und analysiert im Zuge der Auseinandersetzung mit den neuzeitlichen Europavorstellungen seit 2001 100 (von insg. 550) in der Österreichischen Nationalbibliothek sowie der Bayrischen Staatsbibliothek befindliche Quellen des 17. Jahrhunderts, deren Titel Europa/europäisch enthalten.
Jede Suche via Kurztitel, Autor, Schlagwort bzw. Jahreszahl führt zu einer Quellenautopsie, die (so vorhanden) eine Biographie des Verfassers, eine Kurzbeschreibung der Quelle sowie eine Textanalyse unter dem Gesichtspunkt des darin propagierten Europabildes zur Verfügung stellt. Die behandelten Quellen sind lokalisierbar (Bibliotheksstandort) und zum Teil als Transkript bzw. als Faksimile vorhanden (Multimedialität).
Gleich auf der Startseite werden die Verantwortlichen aufgeführt, über deren Profil sich auch die institutionelle Einbindung in das Institut für Geschichtswissenschaften der Universität Wien nachvollziehen lässt. Ebenso ist dort die Förderung des Projekts durch die Gerda Henkel Stiftung deutlich ersichtlich, wie auch eine Zugriffsstatistik.

Neben der 5-sprachigen Projektbeschreibung, die - trotz des seit 10 Jahren forcierten Interesses an Europaforschung - auf den Nachholbedarf in der Quellensichtung zu der Thematik hinweist, ist nur ein eigenständiger wissenschaftlicher Text verfügbar, die Seite verweist jedoch intern auf eine weiterführende Publikation des Herausgebers, extern auf eine Reihe von Seiten, deren Thematiken mit ihr in Verbindung stehen, sowie auf eine bibliographische Datenbank zur europäischen Geschichte.
Aus den Texten nicht klar ersichtlich ist die Verbindung zu den drei anderen vorgestellten Webprojekten (1,2,3) zur Geschichte Europas (Handelt es sich um die gleichen MitarbeiterInnen? Sind sie ebenfalls an der Universität Wien verankert? Werden sie ebenfalls von der Henkel Stiftung gefördert?). Auch auf den Status der Quellenaufnahme wird nicht näher eingegangen (Ist das Projekt bereits abgeschlossen – da es 2001 mit zweijähriger Laufzeit begonnen wurde? Stehen alle 100 Autopsien bereits online?)
Einige Seiten, die sich mit der Aufarbeitung der wissenschaftlichen Webressourcen beschäftigen (humbul humanities hub, inute) haben die Europavorstelllungen rezensiert und darauf verlinkt.

BenutzerInnenfreundlichkeit: Die Gliederung des Hauptfensters ist klar fassbar, reduziert und damit übersichtlich. Weniger leicht erschließt sich die Seitenleiste, die externe Verweise und interne Informationen vermischt und damit erst einmal kurz Verwirrung stiftet. Dass die ‚Quellen des 17. Jhs’ wiederum eine Verknüpfung zur Seite herstellen, auf der sich die BesucherIn gerade befindet, erscheint mir logisch ebenfalls nicht stringent. Farben und Schrift sind unaufdringlich und gut lesbar, die Hauptnavigationspunkte (Autoren, Kurztitel etc...) können durch ihre Größe und ihren Abstand jedoch nicht alle auf einmal erfasst werden - eine Layoutentscheidung, die zum etwas klobigen Aussehen des Hauptfensters beiträgt.
[Der Link zur Online-Präsentation der Ausstellung ‚Damals in Europa’ ist nicht mehr verfügbar, die Weiterleitung zu einem Artikel der Mitarbeiter (unter Publikationen) führt lediglich zur Startseite des Instituts für Europäische Regionalfoschungen.]

Abgesehen von den nicht ganz einsichtlich geordneten Links und der Tasache, dass der Datenbankbereich etwas klarer vom Rest abgesetzt hätte sein können, ist das Handling einfach, die Informationen sind kompakt zugänglich, die Seite ist flash- und werbefrei, lädt schnell und ermöglicht es, direkt ein Feedback an die Verantwortlichen zu versenden.

update zum ersten optischen Eindruck – nach der Lektüre des Beitrags von Kollegin Brandstetter: Nachdem ich mich selbst sehr oft dabei ertappe, professionell und ansprechend gestalteten Seiten größere Seriosität zuzugestehen, habe ich die Seite bewusst nicht nach ästhetischen Kriterien beurteilt (abgesehen von ihrer Lesbarkeit) und ihr etwas plumpes Erscheinungsbild mehr als Subversion gegen die Norm begriffen, denn als Ungeschicklichkeit. Trotzdem würde sich eine elegantere Gestaltung mit Sicherheit nicht negativ bei den BesucherInnen auswirken.

aufgabe 2 :: textzusammenfassung und -kritik

Gregor Horstkemper, Studieren mit dem Computer, in: Wolfgang Schmale (Hg), Schreib-Guide Geschichte, 2. Aufl, Wien 2006 (UTB), S. 205-229

Zusammenfassung
Horstkemper teilt seine 24-seitige Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten mit dem Computer in drei Bereiche:
  • Textverarbeitung
  • Management von Datenbanken
  • Internet als Recherche- Publikations- und Kommunikationsmedium
Textverarbeitung: Niemand wird bestreiten, dass gerade Textverarbeitungsprogramme zu einer immensen Erleichterung und Beschleunigung des Arbeitsprozesses geführt haben. Neben der Option Textbausteine beliebig zu verschieben, zu kopieren und zu redigieren, kann nach Stichworten gesucht, das Dokument gegliedert, rechtschreibgeprüft und mit graphischen Elementen versehen werden. Doch gerade die Möglichkeit, den Text einer permanenten Revision unterwerfen zu können, birgt die Gefahr auf methodisches Vorgehen zu verzichten, argumentativ fehlerhafte Arbeiten durch ansprechendes Layout zu kompensieren oder einzelne Informationshappen ohne stringentes Konzept aneinanderzufügen.

Datenbanken: Für eine komplexere Datenverwaltung – die erweiterte Such- Ordnungs- und Kommentierungsfunktionen erfordert – bieten sich Spezialdatenbanken an, etwa das näher vorgestellte Literaturverwaltungs-Programm Citavi, in dem gelesene Bücher nicht nur erfasst, sondern auch beliebig zusammengestellt, mit Notizen, Exzerpten und Grafikdateien versehen werden können. Darüber hinaus können Zeitplaner und Adressverwaltungen helfen, den Arbeitsprozess effizienter zu gestalten. Obwohl Horstkemper darauf hinweist, das Aufwand- Nutzen-Verhältnis immer im Auge zu behalten, plädiert er dennoch dafür, selbst kleinere Datenmengen zu verarbeiten und so für zukünftige Aufgaben zu sichern.

Internet: Da das Internet nicht nur ein Medium der Publikation, sondern auch der Kommunikation ist, verändert es Arbeitsprozesse und führt zu einer zunehmenden Vernetzung des immer aktueller werdenden Informationsangebots. Es fördert kooperatives Arbeiten (Stichwort Wikis) und den Austausch erarbeitenden Wissens (etwa in den Mailinglisten inner- und außeruniversitärer Institutionen). Gleichzeitig stellt sich gerade hier die Frage nach der Zuverlässigkeit und Zitierbarkeit dieser nicht auf fixen Webseiten veröffentlichten Information.
Ohne vorhergehende Qualitätsüberprüfung ist das bedeutende via www recherchierbare Informationsangebot nicht sinnvoll zu nutzen. Wohl den besten Weg, sich Zugang zu seriösen Arbeiten und Quellen zu verschaffen stellen die – partiell im Text vorgestellten - wissenschaftlichen Fachdatenbanken, Nachschlagewerke, online verfügbaren Publikationen und Quellensammlungen dar.

Textkritik
Einen Einführungstext in ein auf den ersten Blick sehr technisches Themenfeld zu schreiben, und dabei eine spannende - vielleicht sogar unerwartete - Herangehensweise zu entwickeln ist wohl eine der schwierigsten Aufgaben überhaupt, und Horstkepmer löst sie nur bedingt. Nahezu sechs Seiten den Vorteilen von Textverarbeitungsprogrammen zu widmen (Stichwort: copy & paste) erscheint mir zu lange - gerade in Anbetracht des Zielpublikums. Die kurzen und präzisen Hinweise zu den Gefahren und (möglichen) Unzulänglichkeiten hätten vermutlich vollends ausgereicht. Die ebenfalls sehr ausholende Vorstellung des Literaturverwaltungsprogrammes citavi ist durch dessen geringeren Bekanntheitsgrad unter Studierenden (und seine unbestreitbaren Vorteile) erklärbar, dennoch müsste auch hier die aufgewendete Zeichenzahl mit der Wichtigkeit der Thematik nicht in direktem Verhältnis stehen. Positiv ist die gut gegliederte Besprechung der Online-Ressourcen, samt der am Ende angeführten links (deren Auswahl jedoch teilweise – besonders bei den Nachschlagewerken – erratisch und unkommentiert wirkt).
Es ist vollkommen legitim in einer Einführung die soziologischen und anthropologischen Aspekte der wissenschaftlichen Internetnutzung nur oberflächlich zu behandeln. Diesen Text jedoch mit zwei Zitaten abzuschließen, die sich eben mit jenen Fragestellungen auseinandersetzen und damit de facto in keinem Bezug zum Hauptteil stehen, lenkt den Blick mehr auf das Fehlende, als dass es (wie vermutlich intendiert) zu weiterführenden Gedanken anregt.

Montag, 23. Oktober 2006

AUFGABE 1b :: LV-Einheit vom 19.10.06

abgepackte_buecherSQ1In der LV-Einheit aufgestellte Thesen:

Das im 19. Jahrhundert ausgebildete hierarchische, institutionalisierte und standardisierte System der (universitären) Wissensproduktion hat spätestens seit dem 2. Weltkrieg fundamentale Änderungen erfahren.
  • Der freie Universitätszugang verbreitert die Basis der potentiellen TeilnehmerInnen
  • Die Quantität der medialen Verbreitung nimmt exponential zu (und differenziert sich aus).
  • Der Wissenschaftsjournalismus übernimmt die Vermittlung zur nicht in die Institutionen eingebundenen Öffentlichkeit und schafft damit die Voraussetzungen für die Erosion des bevorzugten Status der WissenschafterIn.
Einen weiteren Katalysator dieser – im Kern demokratisierenden – Prozesse stellen die seit den 1980er Jahren rapide an Bedeutung gewonnenen elektronischen Medien dar. Das Internet als Umschlagplatz von Wissen:
  • …ermöglicht vormals Ausgeschlossenen Teilnahme und Teilhabe an Wissen(sproduktion)
  • Die anti-lineare Struktur des webs fordert und fördert Vernetzung, sowie Wahlfreiheit.
  • Kommunikationskanäle verlieren ihre eindeutige Nachvollziehbarkeit und damit Überwachbarkeit. Das resultiert in der Verbreitung zum Teil unzuverlässigen Wissens, senkt aber gleichzeitig den Einflussradius der Kontrollinstanzen.
  • Die Möglichkeit auszuwählen, welches Wissen aneignungswert ist und welches nicht, führt zu einer Entmachtung der AutorIn.
Überlegungen zur Demokratisierung:
Die von Foucault als repressiv bewerteten wissenschaftlichen Diskurse sind für ihn durch eine Reihe ausgrenzender Mechanismen strukturiert, darunter die Verknappung der sprechenden Subjekte, die Monopolisierung von Information, ihre Abgeschlossenheit und die stetigen Versuche Kontrolle über das Unkontrollierbare auszuüben. All diese Instrumentarien scheinen mit im Internet wenn auch nicht vollständig außer Kraft gesetzt, so doch aufgeweicht. Wenn das Internet schon kein hierarchiefreier Raum ist, ist es zumindest auch kein hegemonialer.

Ohne also die vom demokratiepolitischen Standpunkt aus gesehen positive Rolle des Internets schmälern zu wollen, ist diese Rolle dennoch eine begrenzte. So wenig der offene Hochschulzugang alleine zur völligen Wahlfreiheit unabhängig vom sozioökonomischen Hintergrund geführt hat, sowenig scheint mir das Internet alleine dazu fähig, eine grundlegende Änderung in der Distribution von Wissenskapital nach sich zu ziehen. 90 Prozent der InternetnutzerInnen leben in Industrienationen; in ‚Schwellenländern’ haben vorwiegend die oberen Einkommensschichten die Möglichkeit der Partizipation, und wie die momentan in den Vereinigten Staaten stattfindende Diskussion zur „Net Neutrality“ dokumentiert, zeigen sich auch schon im Zentrum Tendenzen, die vorgebliche Gleichheit im Netz zu beschneiden.
Die teilweise vorgebrachte fast messianische Stilisierung des Internets als für alle zugänglichen und von allen veränderbaren Platz der Schaffung und Bearbeitung von Wissen ist im besten Falle übertrieben. Die Teilnahme an diesem Ort ist an Fähigkeiten und Kapitalien gebunden, die der Ort selbst nicht vollständig zur Verfügung stellen kann.

Überlegungen zur AutorInnenschaft: In den theoretischen Debatten zu wenig versiert, um einen substantiellen Beitrag zur Thematik liefern zu können, verweise ich dankbar auf den link einer Kollegin
… und merke an, dass Kollektivierung der Arbeitsweise und Vervielfältigung der sprechenden Subjekte im Internet zumindest ein effektives Hilfsmittel finden könnten. Der Wissenschaftsbetrieb im Moment scheint mir jedoch weder vom postmodernem Tod der AutorIn noch von der kollektiven Erarbeitung von Wissen geprägt.
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