aufgabe 9 :: Geschichte online

hp_geschichteonline
Aufbau von Geschichte online

Geschichte online – von den historischen Instituten der Universität Wien zusammen mit sechs deutschsprachigen KooperationspartnerInnen 2002-04 entwickelt – versucht Studierenden der Geschichte eine grundlegende Einführung ins wissenschaftliche Arbeiten, in die Literatur- und Informationsrecherche, und zukünftigen Lehrenden in die Geschichtsvermittlung zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus beschäftigt sich eines der vier (Lern)module mit der Einsetzbarkeit des datenbankbasierten Hypertextcreator in Lehrveranstaltungen und Webprojekten. Jedes Modul ist in kurze Unterpunkte aufgegliedert, die ersten drei beinhalten Übungen, Literatur- und Linkkataloge, sowie die Möglichkeit, die Lehreinheit als PDF herunterzuladen.

Das Modul 1- Wissenschaftliches Arbeiten definiert zuallererst sein Gebiet (was und was nicht darf als wissenschaftlich angesehen werden; wie zeichnen sich wissenschaftliche Textformen aus?) um dann zur Themenfindung, der notwendigen Begriffsdefinition und Hypothesenbildung überzugehen. Die BesucherInnen werden in die Kriterien für Rezensionen, Abstracts und Annotationen (also ins Schreiben über wissenschaftliche Texte) eingeführt, sowie in die Techniken des Lesens und Dokumentierens (richtiges Exzerpieren, verfassen von Randglossen, Lesekarten, etc...). Auch dem Klassiker aller Einführungen – den Zitierregeln – ist ein relativ umfangreicher Abschnitt vorbehalten. Nach einer kurzen Vorstellung der Anforderungsprofile an die verschiedenen Formen universitärer schriftlicher Arbeiten widmet sich die Seite der richtigen Vorbereitung und Ausführung einer mündlichen Präsentation (Aufbau des Referats, Hilfestellungen für einen reibungslosen Ablauf) und endet etwas unvermutet in den ersten Schritten zum Kurret-Lesen, die sich vielleicht nicht unbedingt harmonisch ins Modul einpassen – nichts desto trotz aber eine wichtige Arbeitstechnik der HistoriklerInnen darstellen.

Das Modul 2 – Literatur- und Informationsrecherche stellt den Suchprozess nach Primärquellen und Sekundärliteratur vor. Die erste Untereinheit beleuchtet verschiedene Möglichkeiten, Literatur zu einem bestimmten Thema zu finden (Bibliotheksbenützung, Datenbanken zur Erfassung von Zeitschriftenartikeln, Spezialdatenbanken, Internetrecherche), die zweite Untereinheit beschäftigt sich – etwas theoretischer – mit Fragen der Quellenkritik, leistet eine kurze Einführung in das Arbeiten mit Quellen, die Suche nach Ausstellungsprojekten und weist auf die Möglichkeit der Nutzung wissenschaftlicher Netzwerke hin.

Das Modul 3 – Geschichtsdidaktik richtet sich an zukünftige LehrerInnen. Der umfangreiche theoretische Teil verhandelt die institutionellen Grundlagen der Lehre (Schulrecht, Lehrpläne, Ziele der Bildungspolitik), verortet den Geschichtsunterricht in seinem gesellschaftlichen Rahmen, gibt eine Einführung in die Geschichte des Bildungswesens und setzt sich mit den verschiedenen (aktuellen) Theorien der Fachdidaktik auseinander. Danach folgt eine praxisorientierte Einheit zur Unterrichtsgestaltung (Hilfestellungen zur Methodenwahl, Zeiteinteilung, Planung ...) sowie ein noch konkreterer Abschnitt zum Umgang mit filmischen Quellen. (Unter welchen Kriterien ist ein Film zu betrachten? Welche kritischen Fragestellungen sind möglich?). Schließlich werden noch nationale wie internationale Netzwerke zur Geschichtsdidaktik vorgestellt, die Ausbildungsstrukturen anderer europäischer Länder beleuchtet und eine Reihe von AnsprechpartnerInnen vorgestellt.
Meiner Meinung nach stellt das Modul 3 den weitaus spannendsten Bereich von Geschichte online dar. Auch für Studierende, die sich per se nicht mit Fragen der Didaktik auseinandersetzen müssen, ist es ein gut gelungenes Beispiel der Verbindung von Theorie und Praxis, der Rückbindung von methodologischen Ansätzen an den jeweiligen gesellschaftlichen Bezugsrahmen. Es regt zur Reflexion der eigenen Rolle als Lehrende innerhalb eines Beziehungsgeflechts verschiedenster Interessen an – was gibt es besseres?

Das (am wenigsten umfangreiche) Modul 4 – Hypertextcreator – behandelt prägnant die (in dieser LV mittlerweile bekannten) Vorteile dieser Art der medialen Aufbereitung und beschränkt sich ansonsten auf die Vorstellung bereits verwirklichter Prototypen (und jener, die an deren Verwirklichung beteiligt waren).

Einheit Zitat, Zitierregeln, Anmerkungen:
Als weitere perfide Rache des Schicksals an meinem fast schon seniorInnenstudentischen Dasein - das Protokoll meiner mindestens achten Heranführung an die Zitierregeln: Dass das Wort ‚ZitierREGELN’ ein Euphemismus ist, erkennen die meisten Studierenden im ersten Semester, wenn sie mit den mannigfaltigen Möglichkeiten diverser Zitiersysteme konfrontiert werden. Dieser Erkenntnis wird auch durch das Untermodul im Abschnitt ‚wissenschaftliches Arbeiten’ Vorschub geleistet, indem es eine Reihe von Zitiervarianten vorstellt (dankenswerter weise auch das standardisiertere anglo-amerikanische System), die Übungen dann gezwungenermaßen aber den Regeln der Österreichischen Zeitschrift für Geschichtswissenschaft anpasst. Letztendlich geht es jedoch um die Kohärenz der Anwendung, die Nachprüfbarkeit und korrekte Ausführung – Punkte, auf die auch im Modul wiederholt hingewiesen wird. Zusammen mit den allgegenwärtigen Warnungen, Zitate nicht an Stelle eigener Argumentationen zu verwenden und den Hinweisen, wie Anmerkungen am sinnvollsten einzusetzen sind, liefert Geschichte online eine gute, wenn auch etwas zeitintensive und teilweise (vor allem in den drag- and drop-basierten Übungen) zähe Einführung ins korrekte Zitieren.
Die externe Einheit zu Fragen des Plagiats scheint eher ein Hilfsmittel für Lehrende denn für Studierende zu sein und fokussiert vielleicht ein wenig zu sehr auf den detektivischen Akt des Auffindens und zu wenig auf den übergeordneten Aspekt der Ursachenforschung.
Prinzipiell eignen sich gerade starre und mechanistische Fertigkeiten wie die Zitation besonders gut für interaktive Übungseinheiten – hier ist das Verhältnis von Aufwand und Nutzen ausgeglichener, als etwa bei der eher mehrwertlosen Übung zur Thesenfindung. Gewisse Aspekte sind meiner Ansicht nach nicht adäquat allein durch eine Interaktion mit computergestützten Lernsystemen vermittelbar – aber das hat wohl auch niemand behauptet.
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